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Kolumne Nummer 30/2019 „Die vermissten 60 Minuten“

Die vermissten 60 Minuten

Der aufmerksame Leser wir sich noch an die vermissten 6 Minuten erinnern, die dann auf die Neigung der Erdachse und die Keplersche Bewegung der Erde zurückzuführen waren, die sich zwar annähernd auf einem Kreis um die Erde bewegt mit annähernd konstanter Geschwindigkeit von etwa 30 km/s, aber die Abweichungen von der Kreisform und damit auch der Geschwindigkeiten auf verschiedenen Abschnitten der Bahn, sind dennoch nachweisbar, und hätte man zu Keplers Zeiten schon sehr genaue Uhren gehabt, wären sie auch leicht feststellbar gewesen.

Ein weiterer Effekt vor allem der Neigung der Erdachse sind die unterschiedlichen Tageslängen über das Jahr, worunter wir der Einfachheit halber die Zeit zwischen Sonnenauf- und -untergang verstehen wollen. Nur zur Tag und Nachtgleiche sind das eben genau 12 Stunden, also Mitte September und Mitte März. Nur dann geht die Sonne auch wirklich im Osten auf und im Westen unter, während das im Frühling und Sommer im tendenziell Nordosten und Nordwesten der Fall ist und im Herbst und Winter im Südosten und Südwesten.

Mittels einer einfachen geometrischen Überlegung kann man die Tageslänge berechnen, doch leider erscheint diese im Juni um eine ganze Stunde, also 60 Minuten zu kurz. Das ist natürlich eine fatale Abweichung und diesmal weiß ich selber keinen Rat. Zwar gibt es die Refraktion (Brechung) der Atmosphäre, die die Sonne sichtbar macht, wenn sie geometrisch gesehen noch nicht oder schon nicht mehr über dem Horizont steht, aber wenn man das mal abschätzt, macht das höchstens vier Minuten aus.

Normalerweise lassen sich die Experten in keine Diskussion mit Laien ein, aber ich habe mich dennoch an eine Koryphäe gewendet und bin gespannt, ob ich eine Antwort erhalte. Die Geometrie ist ja mein Steckenpferd und ich hoffe, dass ein Irrtum meinerseits ausgeschlossen ist.

Das Ziel der Überlegungen ist nicht, die genauen Daten übertreffen zu wollen, aber wenn man Sonnenauf- und -untergang mit einem Taschenrechner ermitteln könnte, wäre das doch toll und didaktisch ist es außerdem, weil es die Mechanismen im Auge behält und man nicht andächtig vor einer Tabelle aus dem Internet sitzt.

Christian Rempel in Zeuthen, den 12.8.2019