Der Gedichtladen

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Die ewige Suche

Die ewige Suche

Gibt es ein Patentrezept für das Glück? Einer, der das Zeug zum Guru hat, obwohl er sicher keiner sein möchte und doch hunderte in seinen Bann zieht, Daniele Ganser, hat immerhin die Gabe, die Sachen auf den Punkt zu bringen. Dachte man doch früher, dass es materielle Dinge sein könnten, die das Glück nach sich ziehen, wie eben ausreichend zu essen zu haben, oder wenn alle materiell gleichgestellt wären, es kein oben und kein unten mehr gäbe, so erwies sich das alles bei näherem Hinsehen als Irrtum.

Auch die ganz individuelle Schiene, dass man mit sich selbst doch wohl am meisten verbandelt wäre und ein gesunder Egoismus eben dieses Patentrezept sein könnte, ist offenbar ein Holzweg.

Am ehesten würde man wie Paracelsus sagen können, alles sei Gift und es käme auf die richtige Zusammenstellung und Dosierung an. Sicher zu sein scheint auch, dass es ohne Insichgehen nicht geht, ganz wie Novalis sagt: Der wundersame Weg führt nach Innen. Da kommt es dann allerdings darauf an, wie viele andere man da noch findet, welchen Anteil in einem Mutter Theresa ausmacht oder was man auf diesem Wege, zum Beispiel indem man Musik hört, für Schlüsse zieht. Der Begriff der Demut als wichtigstes Element, ist mir erstmalig sehr von einem theoretischen Physiker nahegelegt worden, von dem man am wenigsten die damit verbundene Dummheitshypothese verbinden konnte. Denn was lässt sich nicht alles mit demütigen Menschen veranstalten?: Arbeitstiere, Stimmvieh, Halm im Winde, und was wir nicht alles für Bilder entlehnen aus der Natur, die wir doch für minderbemittelt zu halten gewohnt sind.

Besonders zum Unglück neigen die Künstlerseelen, die ja nicht nur Vorreiter in den Ideen sind, sondern auch besonderen seelischen Leiden zugänglich sind. Hat man mit solch einer Seele zum Beispiel als Monarch zu tun, wie in Goethes Torquato Tasso, hilft es wenig, dass ihm ein warmes Bett, gutes Essen und sogar eine geradezu abergläubische Verehrung zuteil werden. Er wird sein Talent so bedroht sehen von den leisesten Zweifeln, ob dies denn wirklich das Maß aller Dinge ist, er wird das Lob geradezu einfordern und es dabei noch als ehrlichen Herzens gegeben ansehen, er wird wohlwollende Achtung mit Liebe verwechseln, im Grunde an sich selbst verzweifeln und dann wie ein Vulkan auf alle losgehen, denen er sein überspanntes Leiden nur zuschreiben kann.

So lange es also Künstlerseelen gibt, wird es auch noch die Eitelkeit und inneres Zusammenbrechen geben, es also nichts übrigbleibt, als diese gleich mal vom Patentrezept auszunehmen.

Wessen gegenüber soll man nun demütig sein ohne als Dummerjan zu gelten? Die Antwort ist simpel und auf den ersten Blick nichtssagend: Wir sollen demütig sein gegenüber der Natur, die uns hervorgebracht hat als Mittel zu ihrer Erhaltung und Vervollkommnung. Wie weitreichend dies ist, soll an einigen Beispielen erhellen:

Natur begegnet uns im alltäglichen Leben, wenn wir ein Essen zubereiten, das wir dann genießen und in seine Bestandteile verdauen, oder die Axt an einen Baum legen wollen, wenn er einem Fundament für ein weiteres Haus im Wege ist. Da haben wir jeweils die Notwendigkeit zu bedenken und dabei werden wir gewahr, ob das so in Ordnung war.

Natur begegnet uns auch in der Arbeit, wenn wir ausnahmsweise nicht nur mit Produkten handeln, sondern wir erwägen müssen, wie viel von dem natürlichen Material überhaupt zur Verfügung steht und in wessen Händen es sich befindet. Natur ist also auch Rohstoff, für dessen Erlangung man dankbar sein kann.

Natur begegnet uns heute zunehmend auch in seiner kleinsten Form, den Lichtteilchen und Elektronen, die wir in den Dienst stellen, um Nachrichten zu generieren, zu übertragen und zu speichern. Da lautet die Frage an die Natur, ob diese Informationen es wert sind, dass wir sie mittels der Mikrowelt generieren, übertragen und speichern, und was wir damit anrichten. Diese Welt ist so desolat, dass es nur wenige sind, denen man dankbar sein kann.

Natur sind natürlich auch unsere Mitmenschen, die nun erst hier ins Spiel kommen, soweit wir nicht auch schon diesen verpflichtet sind, um die vorgenannten Ziele zu erreichen. Nicht jedem Obdachlosen in der Welt kann man weiterhelfen, indem man seinen Mantel mit ihm teilt oder ihn zu einem Bad bei sich einlädt. Allein das ist wieder eine ganze Welt, mit der sich die Religionen und Moralvorstellungen beschäftigen und für den man keinen ernstgemeinten Dank erwarten kann, wie man sich doch überhaupt vor Erwartungen hüten sollte. Die Natur der Mitmenschen zu verstehen, ist eine sehr wichtige Aufgabe, aber reiht sich hier eben ein.

Als fünftes sind wir selber natürlich auch Natur, gehören erfreulicherweise dazu und sind selbst ein Universum, in dem für Ordnung und Wohlergehen zu sorgen ist. Das wird heute manchmal überbetont, denn man selbst ist nicht das Maß aller Dinge. Wollen wir doch im Herzen nicht alle Kapitalisten innerer Reichtümer werden. Wenn einem danach ist, und man verstanden hat, das bis zur plausibler Weise als Universum verstandenen Welt, man es mit Natur zu tun hat und diese Natur auch manchmal Revolutionäres von einem verlangen könnte, kann man zu einer anderen Perspektive kommen.

Halten Sie sich jedenfalls auf dem Laufenden, was uns die Natur zu sagen hat.

Christian Rempel zu Zeuthen 27.12.22