Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Ihr lieben coolen Kleinen

Ihr lieben coolen Kleinen,

ich will ein Märchen von Josef erzählen, den seine Geschwister ja in den Brunnen geworfen hatten, er aber irgendwie herauskam und viel Gutes tat. Aktuell ließ er sich jeden Tag vom Lied «The lion sleeps tonight» wecken, und in der Tat waren seine Nächte ruhig und still, nur gestört von seinem eigenen Schnarchen, was mal da war und manchmal ausblieb. Nun dämmerte es, Neowise stand hoch am Himmel und grüßte die Kundigen mit seinem Schweif. Ihm ging das Lied durch den Kopf «Evening Rise» und er spannte seine Pferdchen Paul und Paula ins Geschirr. Paul hinkte auf dem rechten Fuß und Paula auf dem linken, aber zusammen gaben sie ein passables Gespann ab, da sie sich auch so liebten, wie sich Pferde nur lieben können. Seltsamerweise hatte Josefs Knecht den Streitwagen bereitgestellt, einen Lamborgini mit einer russischen Katjuscha darauf. Zum Leuchten hatte Josef sein Laserschwert mit, denn es sollte in eine finstere Gegend gehen.

Die Fahrt ging sehr gemächlich vonstatten, in den Zeuthener Winkel, der an Schulzendorf grenzt. Alles sehr mystisch und schlecht beleuchtet. Er war nicht ganz sicher, ob der Löwe auch diese Nacht schlafen würde, aber er hatte eben den Heartbeat der MUtter Natur noch im Ohr und war wohlgemut. Eigentlich wusste er nicht so genau, wo er seinen Streitwagen hinlenken sollte, beleuchtete die Namensschilder mit seinem Laserschwert und die Klingeln, fand sie aber sämtlich zerschlagen oder gar nicht vorhanden. Da kreuzte seinen Weg eine Jungfrau und er fragte sie, wo denn die Mondprinzessin zu finden sei. Tatsächlich konnte sie ihm den Weg weisen und die Mondprinzessin lag im Schatten ihres Hauses und nahm gerade ein Mondbad. Jetzt sah er auch, dass sogar ein Banner in der Windstille auf dem Giebel des Hauses flatterte. Das galt der wohlbekannten Chorgemeinschaft, die es übernommen hat, die Mondprinzessin gegen alle Widrigkeiten zu schützen. Josef parkte also seinen verräterischen Streitwagen etwas abseits und labte sich am Anblick und den wundersamen Worten der Mondprinzessin. Da er unter Alzheimerverdacht steht, wie der Schreiber dieser Zeilen auch, kann unmöglich alles wiedergegeben werden, was sie mit ihrer Engelsstimme sprach.

Josef fasste sich ein Herz, da ihn doch diese kleinen coolen Vögelchen gebeten hatten, eine Bitte vorzubringen. So klein, wie sie sind, hätten sie doch gar zu gern einen Schatz und kämmten schon alle §§ durch, wie man dazu kommen könnte, denn sie waren auch der Meinung, dass sie diesen schon einmal der Mondprinzessin als Huldigung hatten zukommen lassen, aber da nicht alle in deren Gnade standen, kam es zu einer Stockung der Wohltaten.

Josef hätte nun barsch sein Laserschwert ziehen können, alles einfordern und notfalls seinen Streitwagen in Anwendung bringen. Da wurde er gewahr, dass die Mondprinzessin ein Schatzkästchen neben sich auf dem Boden hatte. Sie stand nicht an, es Josef vorzuweisen und klappte es sogar auf. Darin, das können der Autor und Josef bezeugen, befand sich NICHTS. «Das ist nicht mein Reichtum», sagte die Mondprinzessin, «mein Reichtum sind die Stimmen der Nacht, und, nebenbei, dies Wunderholz vor meiner Tür, das niemand beachtet.» Das könnte ich gut gebrauchen für meinen Ofen, meinte da Josef. «Nimm Dir so viel davon, wie Du tragen kannst, und bring es zum Kaufmann, dann wird Dir Dein Schatz werden.» Josef nahm alles Wunderholz in der Lade und trug es zu seinem Streitwagen, wobei er das eine oder andere Scheit verlor. Die Mondprinzessin persönlich bückte sich und trug es ihm hinterher. Paul und Paula zogen in ihrem humpelnden Gang an und es ging über ein weites Feld, das einmal eine Gärtnerplantage gewesen ist. Finster wie es war, war Josef mit der wertvollen Last nicht ganz wohl. Da hörte er Stimmen hinter sich, die murmelten: «I will follow him …». Josef erkannte auch dieses Lied, wandte sich um und sah eine Prozession fast echt aussehender Nonnen, die allesamt hinter ihm herstiefelten, also keine Verfolger waren, wie er erst befürchtet hatte, sondern eben Follower.

Der Rest ist schnell erzählt. Auf dem Markt traf Josef nur den Kaufmann Knausrig an, der ihm 500 Talente für das wundersame Klangholz bot, und da es schon spät war, war Josef nicht nach Handeln. Er zückte sein Handy und sandte der Schatzmeisterin der kleinen coolen Vögelchen eine Nachricht, dass nun immerhin so etwas wie ein Schatz zur Verfügung stünde, wenn auch nicht alle 865 Talente. Sie war es wohl auch, die Josef ein bisschen in Besorgnis gestürzt hatte, doch was soll einem mit einem Streitwagen, mit Katjuscha bestückt und einem Laserschwert schon passieren?

Seid dankbar und zwitschert zur Freude der Menschheit. Dank auch der Mondprinzessin, die jetzt wohl erst mal wieder für neues Holz zu sorgen hat.

Euer Christian in Zeuthen, den 21.7.2020