Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW 02 2017 „Logiktraining“

Logiktraining

 

Heute war eine Vernissage meiner ehemaligen Frau Katja Sophia Wolf, und sie hat keine Mühen gescheut, ihre Werke im Dahmelandmuseum der Öffentlichkeit vorzustellen. Sie sei eine Märchentante, sagte man landläufig über sie, aber in Wirklichkeit sehe sie hinter die Realität und bringe das auf die Leinwand. Manchmal erscheint ihr die eigene Palette plötzlich als Kunstwerk, das man nur noch ausgestalten muss, um es zur Vollendung zu bringen.

Der Künstler ist völlig frei in seinen Gedanken und Ausdrucksformen, und wenn er sich das fertige Werk dann anschaut, dann kann er sagen: Genauso habe ich es gewollt.

Es versteht sich, dass man viele alte Bekannte trifft, die leider immer weiter und ganz erbarmungslos altern, aber kann man mit jemandem darüber sprechen, wie es ist, wenn man einen Plan entwickelt hat, den man mit Mitteln der Technik, meistens ist es bei mir jetzt immer Elektronik, umsetzen möchte.

So macht man sich zunächst eine Skizze, was man bauen möchte, und da schießen schon die Vorstellungen ins Kraut. Immer umfassender und perfekter wird diese Skizze, bis man dann zur Tat schreitet, noch ganz gewiss seines Werkes, die Schaltung aufbaut und plötzlich unvorhergesehene Effekte eintreten. Ein Gleichrichter hat plötzlich keine Nulllinie mehr. Ein Verstärker will partout nicht verstärken, welche Widerstands-kom¬binationen man auch wählt. Da hat man nun sein kleines Werk in die Tat umgesetzt und erhält nichts anderes als eine Ohrfeige.

Dann geht es den Ideen zuleibe. Man muss sich von den ganz hochfliegenden verabschieden und vielleicht ein paar Nachteile in Kauf nehmen. Man muss alles noch mal einreißen, alles von neuem aufbauen, und nachdem einem wieder unzählige Irrtümer unterlaufen sind, es völlige Unerklärlichkeiten gibt, bekommt man es manchmal dann doch hin.

Dann wird man sich seiner Einsamkeit bewusst, denn nur man selber und nicht etwa eine interessierte Öffentlichkeit, nicht mal ein bester Freund, hatte dieses Vorhaben, teilte erst die hochfliegenden Pläne und dann die viel bescheideneren, keiner hat mitbekommen, welche Schwierigkeiten zu überwinden waren und keiner freut sich mit, dass es nun doch geht.

Man ist ganz allein mit der Natur und der Technik. Jegliche Mitteilung würde höchstens auf verlegenes Achselzucken stoßen. Man behält es am besten für sich, macht seine vorsichtigen Schritte im verletzlichen Palast der Technik, den man schweigend durchmisst.

Christian Rempel in Zeuthen, den 14.1.2017