Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Paris

Paris

Das Flugzeug sollte von Schönefeld starten. Der Laderaum war frei zugänglich und ich hatte irgendwie keine Lust auf Amerika. Über Kofferberge hinweg wurde das Essen herausgesucht, das aus quadratischen Tortenstücken bestand. Ich kostete schon mal eins und dann noch eins, das sich dann als Eisbombe herausstellte. Auch andere Passagiere waren unentschlossen und das Flugzeug rollte erst ein bisschen lustlos am Boden herum, was einen im Entschluss bestärkte, es noch einmal anhalten zu lassen und einfach auszusteigen, was mir einige Passagiere nachtaten.

Es stellte sich heraus, dass das Flugzeug mit seinem bisschen Herumgerolle immerhin in Paris angekommen war, und wir natürlich alle ohne Quartier, irrten ein bisschen durch die Gegend. Paris ist ja so teuer, dass man nicht in jedes Hotel einziehen kann, und ich empfahl einigen der herumirrenden Passagiere, es mal in Zeuthen zu versuchen, das, Sie werden es erraten, ins Zentrum von Paris versetzt war.

Ich kannte da einen Garten aus der Zeit meiner letzten Tätigkeit im Lindenring und begab mich dorthin. Als ich dann auch mal an der Tür des mir so wohlbekannten Hauses klinkte, fand ich sie offen. Es war ja schon dunkel geworden, aber aus dem Innern des Hauses strömte mir Licht und Wärme entgegen. Die Treppe kam eine überraschte Frau herunter, die ich als meine Schwester erkannte und ich selbst fühlte mich so zu Hause, dass ich insistierte, dass ich, einmal drinnen, nicht gedenke so schnell wieder zu gehen. Dabei war mir zwar entgangen, dass ich gar nicht mehr das Recht dazu hatte, weil ich das Erbe meines Vaters verwirkt hatte, aber er selbst bewohnte ja quicklebendig und mit seiner überlegenen Ausstrahlung immer noch das Haus und stand auch nicht an, mich einzuladen, dort zu bleiben. Es dauerte auch nicht lange und weitere Fluggäste trafen ein, die kein Quartier gefunden hatten, auch eine unscheinbare Frau mit mehreren Kindern. Draußen lag der Mont Martre im Nebel und wir wollten den Fußmarsch auf uns nehmen, um das nächtliche Paris zu erkunden. Vorher waren aber noch die Kinder zu unterhalten und wir fanden in dem viel weitläufigeren als wirklichem Haus noch einen Filmapparat und genügend einfache Decken und Liegen für die Nachtlager. Ich machte mir Gedanken, dass nicht allzuviel Unordnung entsteht, denn das würden wir ja alles noch richten müssen.

Irgendwie kam es dann doch nicht zu der Wanderung durch das nächtliche Paris, denn einerseits hätte das Einbildung gewesen sein können und andererseits war man sich zunächst erst mal schuldig in dieser Stadt der Liebe Liebe zu machen, was nun leicht eine ganze Nacht einnehmen konnte. Meinem Vater war dieses Leben im Hause recht und er regte den einen oder anderen der nicht gerade wohlerzogenen Kinder zu einem Spielchen an. So war das ganze Haus mit ihm wieder mal lebendig geworden und es geschah darin alles, was im Leben von Belang ist.

C.R. zu Zeuthen, den 24.8.2022