Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Aus den Fugen

Aus den Fugen

Wie oft sah man die Welt schon so,
glaubte ihr Ende vorherzuahnen. Das
alles, um die Angst vor dem
Unwägbaren gegen eine zwar
unangenehme, aber immerhin
vermeintliche Gewissheit zu tauschen,
die leichter zu ertragen ist. Sie, die
Welt, tut uns nicht den Gefallen,
unterzugehen, sie kommt auch ganz
gut ohne uns zurecht, aber sie will auch
irgendwie nicht mehr für uns und
unseren Egoismus, den wir als
Glücksanspruch tarnen, da sein. Die
Welt leidet unter uns, und wer wollte,
könnte ihr ein Denken unterstellen, ein
Fühlen allemal. Hat man nicht die
Vorstellungskraft für eine solche Welt,
könnte man sie auch in Gott
personifizieren, dem diese Schöpfung
gehört, er sie der Menschheit
überlassen hat, dass sie etwas daraus
mache, und nun ein bisschen
desillusioniert ist.
Zumindest hätte ER eben nicht den
Fokus auf die Menschheit, wie wir
selbst so nach und nach erkennen,
sondern ER liebt seine anderen
Schöpfungen, die uns immer geringer
erschienen sind, vielleicht inzwischen
mehr, weil sie eben auch weniger
Probleme verursachen. Der Tiger frisst
das Kälbchen und lässt es damit
bewenden. Der Mensch isst
inzwischen das Fleisch mit schlechtem
Gewissen. Der Mensch macht um alles
viel Gewese. Jetzt wird er reihenweise
krank und die einen wollen das nicht
glauben, die anderen sagen, damit
müsse man leben, auch wenn viele
sterben und die dritten haben das
Selbstvertrauen verloren und fürchten
sich nur noch.
Doch wie kann man all das Gesagte
wieder fortwischen, um nicht zu den
Klüglingen zu zählen, die ja nicht alle
werden? Darf man da noch zur Welt
sprechen und damit die anderen
Menschen meinen?
Mit der wirklichen Welt unterhält man
sich mit Schweigen, und das sei nicht
das böse Schweigen, mit dem wir
andere Menschen traktieren, sondern
voller Gedanken um das Undenkbare.
Ein Stück Borke in der Hand halten
und sich fragen, was dieses
Überbleibsel hatte werden wollen,
welche Gestalt ihm geben. Das ist die
Haltung des Künstlers und angeblich
spräche dieses Stück Borke zu ihm.
Doch der Künstler schreitet zur Tat
und schafft etwas aus dem
Borkenstück, der Mönch legt es zurück
an seinen Platz und lässt es selber
werden, der Forscher würde es am
ehesten karbonisieren.
Das ist alles erprobt und für nur
bedingt richtig befunden, und wenn
wir nicht gestorben sind, machen wir
das in Jahrmillionen noch so, was sage
ich, in Milliarden von Jahren, wobei
nach fünfen uns wohl ein Ende gesetzt
ist. Wollte man dieses Jahr einordnen,
so können es die meisten wohl nur als
gerade so überstanden ansehen.
Wollen wir nicht mal wieder etwas
versuchen?

Christian Rempel, im Waltersdorfe
anno 2021