Der Gedichtladen

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Spiel des Lebens

Spiel des Lebens

Schon seit Monaten lagen dänische Schiffe dicht am Ufer des Meeres des Marmeladenkönigs vor Anker. Dort brütet ein Schwan drei Eier aus und keiner der Besucher des Gestades stört ihn dabei. Diese Stelle ist unweit derer, wo der Fluss Marmelade ins Meer mündet, der früher profan Flutgraben genannt wurde. Wie der Name aber sagt, eignet sich der Fluss zur Herstellung von Marmelade, wozu, wo derzeit noch Laubenpieper ihre schönen Gärten pflegen, nun leider eine große Werkhalle errichtet werden muss. Das Streitross des Marmeladenkönigs sieht aus wie ein gewöhnlicher Stadtroller, aber auf ihm durchquert der König zuweilen sein Reich, das bis nach Zeesen sich erstreckt.

Aufgrund der Bedrohung durch die Dänen, die wohl die Erfindungen von Leonardo Da Vinci geklaut hatten und über unter Deck versteckte Kampfmaschinen verfügten, wie später bekannt wurde, musste sich der Marmeladenkönig in seine fünfstöckige Burg zurückziehen, die durch bis zu 47 Panzern in Reih und Glied geschützt wurde, mal etwas weniger, mal etwas mehr. Er lebt dort mit seiner Tochter, der Prinzessin Neunmalklug und geringstem Personal bestehend aus einem Haussklaven, der natürlich keinen Namen hat und einem Küchenjungen, der ebenfalls anonym bleiben wollte. Besonders die Prinzessin Neunmalklug macht dem Marmeladenkönig das Leben schwer, die ihn neben seinen Kriegssorgen einigermaßen herumkommandiert. Auch seinen Hofmechanikus, der ihm gerade in Kriegszeiten sehr wichtig gewesen wäre, muss er entbehren, denn dieser ist auf Studienreise bei Königin Mutter von der Notte und dem Prinzgemahl Manfred von Antenne.

Nun begab es sich, dass der avisierte Besuch der Königin Mutter und ihres Prinzgemahls in der Burg des Marmeladenkönigs beinahe ausgeblieben wäre. Nur der Mechanikus kam nach langem Fußmarsch aus Königs Wusterhausen völlig erschöpft an. Der Marmeladenkönig wollte aber unbedingt wieder mal an seinem Meer nach dem Rechten sehen, die Schiffe der Dänen zählen und deren Namen notieren, was eine ganze Stunde dauerte und er den Küchenjungen und Hofmechanikus mitnahm. In der Zwischenzeit kamen dann Königin Mutter und der Prinzgemahl doch noch und brachten Geschenke mit und nahmen auch welche in Empfang. Dann folgte ein Spaziergang an der Marmelade und der Fabrikbau wurde noch einmal gründlichst erwogen. Diese Pläne konnten aber auch gerade der Grund für die Dänische Präsenz sein, die bekanntlich auch sehr gern Marmelade gratis zu sich nehmen. Nur der Sklave hatte noch etwas im Hinterkopf, aber auf seine Meinung wurde selbstredend kein Wert gelegt, sodass er seine Ansichten gar nicht erst äußerte. Für die notwendigen Planierarbeiten ward eine kleine Atombombe in Betracht gezogen und auch sogleich bestellt (14 Tage Lieferzeit), aber alles sollte ganz anders kommen.

Bei der Rückkehr der Herrschaften in die Burg hatte sich nämlich noch ein Besucher eingefunden, Prinz William, der sehr weitgereist war und einiges über die Bewaffnung der Dänen offenbaren konnte. Es stellte sich auch heraus, dass der Hofmechanikus vermutlich ein dänischer Spion sein konnte, woraufhin ihm Stubenarrest erteilt wurde. Der Sklave erlitt erst einen Streifschuss von ihm, was die Prinzessin Neunmalklug nicht weiter rührte, die mit ihrer gerade geschenkt bekommenen Alexa beschäftigt war, mit der dann das ganze Spiel in Streit zu geraten drohte.

Alexa konnte die fragwürdige Identität des Prinz William auch nicht klären, obwohl er doch angegeben hatte, ein Sohn der Prinzessin Diana zu sein, sondern kannte nur Prinz Harry. Nun hatte dieser namenlose Sklave aber zur Zeit neun Monate vor Williams Geburt im Geheimen bei Diana geweilt, nämlich im Kensington Palace und die um dessen fragwürdige Abstammung unwissende Alexa hatte den zweiten Prinzen einfach unterschlagen. So trafen sich in dem Spiel nach langer Trennung auch noch Vater und Sohn.

Der Marmeladenkönig hatte inzwischen von seinen Plattmachungsideen Abstand genommen und den festen Entschluss gefasst, es mal selber mit dem Marmeladekochen zu versuchen. Die Herrschaften waren aber inzwischen hungrig geworden, sodass Sklave und Küchenjunge erst mal alle Hände voll zu tun hatten, etwas in den Backofen zu kriegen, wobei dann sogar die kapriziöse Prinzessin Neunmalklug mitwirkte. Fast gleichzeitig wurden Marmelade und zwei Quiches fertig, und da es Ausgangsbeschränkungen gibt, drängten Königin Mutter und vor allem der Prinzgemahl von Antenne zur Eile. Das Mahl war gelungen und alle langten tüchtig zu, da stellte sich heraus, dass der Küchenjunge kein anderer war als Julius Cäsar und es wurde auch sofort ein „Ave Caesar“ geschmettert. Der Sklave, der das ganze Spiel seine Kapuze aufbehalten hatte, wohl um seine Demut zu zeigen, strich diese plötzlich zurück und entblößte auf seiner Stirn einen lebensechten Schmetterling, den er dort das ganze Spiel verborgen hatte, und outete sich als König Christian von Dänemark und dass er mit seiner Flotte eigens angereist war und sich in den Sklavendienst begeben hatte, um die Prinzessin zu freien, die sein Ansinnen auch gleich mit einem feuchten Kuss rechtfertigte.

Natürlich wurde dann auch noch mal Alexa befragt, ob denn dieser Christian wirklich der König von Dänemark sei und sie präzisierte, dass es sich dabei um Christian 2 handelt, denn die Prinzessin hatte in sehr jungen Jahren schon mal einen Christian gehabt, der dann wohl der erste gewesen war. Dann wurde noch gesungen und getanzt bis in die Nacht, und wenn die beiden da nicht gestorben sind, leben sie noch heut.

C.R. 25.4.2021