Die Erde als Atomkraftwerk
Von dem Physikprofessor Gert-Ludwig Ingold in seinem Büchlein Quantentheorie erfuhren wir Erstaunliches, dass es vor zwei Milliarden Jahren ein unterirdisches Uranvorkommen in Oklo (Gabun) gegeben hat in das Wasser eingedrungen war und eine gesteuerte Kettenreaktion einsetzte, die einem Atomkraftwerk glich. Aber auch ohne dieses Zusammentreffen von Zufälligkeiten kann man sich sehr abstrakt Gedanken machen über den Wärmehaushalt der Erde.
Als sich die Erde bildete, war sie sehr heiß. Das erklärte sich vor allem durch die freigewordene Energie durch das gravitationsbedingte Zusammenpappen der Erde. Alle Brocken, die vorher gegenüber einem Zentrum potenzielle Energie hatten, brachten diese aus großen Entfernungen mit und fast alles wurde in Wärme umgewandelt. Diese Energiemenge hatte den Betrag, den man schon mit Schulwissen ausrechnen kann, von etwa 2,5 10^32 Joule und der als nicht „erneuerbare“ primordiale Energie bezeichnet wird. Davon sind nach den ca. 5 Milliarden Jahren der Existenz der Erde noch etwa 5 % übrig. Die radioaktiven Elemente, von denen wir heute am besten gar nichts mehr wissen wollen, machten damals 10 bis 20 % des Wärmehaushalts aus. Dazu war gar keine Kettenreaktion wie in Oklo vonnöten, sondern das war einfach der spontane Zerfall.
Wie sieht es nun heute damit aus? Jetzt steht die Sache etwa fifty fifty zwischen primordialer Energie und radioaktiver und in zwei Milliarden Jahren werden sich die Verhältnisse umgekehrt haben, dass die radioaktive Heizung 80 % ausmacht und der Planet Erde, der jährlich 10^21 Joule abstrahlt noch viel kälter sein wird. Ob es uns nun gefällt oder nicht, die radioaktive Heizung wird dann die wesentliche sein.
Dass das Leben der Erde so stark mit Kernphysik verknüpft ist und das in zunehmendem Maße, während in der Frühzeit noch die Mechanik die Oberhand hatte, sollte uns die Berührungsängste mit der Kernphysik nehmen. Auch die Kernspaltungswärme nimmt zwar ab, aber an Bedeutung zu. Immerhin müssen die 10^21 Joule irgendwie aufgebracht werden, die die Erde jährlich abstrahlt, was sich wohl nicht vermeiden lässt.
Man kann sich natürlich damit trösten, dass in 5 Milliarden Jahren sowieso Zapfenstreich ist, weil sich die Sonne dann aufbläht und uns allesamt verschlingt, aber v o r fünf Milliarden Jahren hätten wir auch nicht auf der Erde leben wollen. Wir sind eben vielleicht nur eine Episode in der Universumsgeschichte.
CER 11.11.2025