Gewalt
Vom Gesetz geahndet werden sollte Gewaltdarstellung, die „grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt, … .“
Oft wird das heute belächelt, denn es wimmle doch von grausamen Darstellungen in der Literatur und den Medien. Wie das zutrifft, kann ich gar nicht beurteilen, denn ich halte mich von den Medien fern und habe nur eine bescheidene Belesenheit in dieser Richtung aufzuweisen.
Der Gesetzgeber scheint also zu schlafen. Eins gibt das andere und ein allgemeines Sich-immer-weiter-Übertreffenwollen scheint die Regel zu sein. Das ist auch einer ziemlichen Anonymität zuzuschreiben. Man weiß ja im Allgemeinen gar nicht mehr, von wem diese Zumutungen ausgehen, was sich der Autor dabei gedacht haben mag. Oft wird diese Gewalt dargestellt, als distanziere man sich davon, man kann mit einem großen SIE auf andere zeigen und als Autor die Sache gar nicht mehr an sich heranlassen. Dass man sich selbst auch darin aalt, wird allgemein mit dem Wort „Pfui, wie schön“ umschrieben.
In der Poesie haben solche Hervorbringungen allerdings noch nicht so Raum gegriffen, auch wenn es da nicht an Schweinischem eines Bukowski oder Brecht fehlt. Dass man das Erlebnis des Sexes, der ja auch immer ein bisschen mit Aggressivität zu tun hat, einer notwendigen und integrierbaren Aggressivität allerdings, in der Kunst wiederfindet, weil es einen auch so sehr angeht, finde ich gar nicht verwunderlich, denn die Natur stellt uns gerade in dieser Hinsicht eine Phantasie vor Augen, dass man in einem gewissen Alter alles daran setzen möchte, diese realisiert zu sehen.
Bei Gewalt ist das etwas anderes. Sie hat eigentlich keine produktive Funktion. Und der Liebe ist manch Gewalttätiger gar nicht fähig. Zuweilen ist sein Wesen auch schon so abstoßend, dass er beim besten Willen keine Chance hätte, echter Liebe teilhaftig zu werden.
Im vorliegenden Fall, den ich nicht im Einzelnen schildern möchte, handelt es sich nicht gerade um einen anziehenden Menschen und in einem Alter, in dem man sich selbst schon ganz gut einordnen können müsste. Trotzdem hat er den berechtigten Wunsch zur Anerkennung, möchte Aufmerksamkeit auf sich gezogen wissen. Das kann ja auch ein bisschen Ehrgeiz sein, eine durchaus nützliche Eigenschaft. In diesem Fall handelt es sich auch um die berechtigte Sehnsucht nach Freundschaft, diesem doch so wichtigen sozialen Kitt, ohne den wir schlecht durchs Leben kommen. Schaun wer ma!
Christian Rempel im Waltersdorfe, den 13.9.2015
Jetzt verstehe ich auch, warum Du den Roman, den ich Dir damals empfohlen habe, in die Tonne versenktest. 😉
Gewalt in der Literatur, sowohl physische als auf psychische, hat immer eine Funktion. Sonst würde der Autor sie nicht einbringen. Meist charakterisiert die sie ausübenden Figuren als böse und macht sie uns unsympathisch oder macht uns gar Angst vor ihnen. Sei wirkt aber auch auf formend auf die anderen Charaktere des Textes, denn irgendwie muss man deren Motivation zur Gegenreaktion auf das Böse ja auch verstehen.
Bedarf es denn wirklich neuerdings dieses Treibmittels, das, wie Du beschreibst, die Handlung und Charakterisierungen vorantreibt und die Zarbesaiteten vertreibt?
Ist man nicht in früheren Zeiten ganz gut ohne dieses Treibmittel ausgekommen, oder blühte es unter der erlaubten Oberfläche?
Das könnte auf jeden Fall eine interessante Betrachtung wert sein.
Ein Leser kommentierte inoffiziell hier spräche ein Blinder von Farben, aber ist denn diese Art Blindheit wirklich so verwerflich?