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Kolumne KW24 „Französischer Exkurs“

Französischer Exkurs

 

Woran denkt man, wenn man das Attribut französisch liest und man weiß, dass es gerade mal wieder der Jahrestag des Sturmes auf die Bastille ist, also der französische National­feiertag.


Man denkt an Mode, an französische Betten und natürlich an die Liebe. Es ist auch wieder ein erfolgreicher Roman erschienen, der von der Liebe handelt, und zwar in den beiden Weltkriegen des vergangenen Jahrhunderts.

Zwei der Undichter schwärmten von dem Roman „Léon und Louise“ von Alex Capus, der Franzose ist, aber in der Schweiz lebt. Man könne sich alles genauestens vorstellen, auch wenn es nur ganz knapp beschrieben ist, nämlich die Liebe zwischen einem Gymnasiumsabbrecher, den es im ersten Weltkrieg in einen kleinen Ort mit Bahnstation verschlägt und einem rätselhaft modernen Mädchen, das am gleichen Ort Gemeindedienst tut.

Wer inzwischen vergessen haben sollte, was denn Romantik eigentlich ist, der findet es in diesem Roman wieder, wie man sich ohne unnötiges Getue ineinander verlieben kann und dies dann Jahre und Jahrzehnte anhält, obwohl man gar nicht zueinander gefunden hat und etwa das Leben gemeinsam verbrächte.

Er, Léon, muss Louise nämlich nach einem Granatenangriff für tot halten, sichtet sie aber nach zehn Jahren nach dem ersten Weltkrieg, in denen er sie trotz eigener Heirat nicht vergessen konnte, durch zwei Scheiben in der Metro und beginnt sie zu suchen. Allerdings verlässt er sein daneben gelebtes Leben ihr zuliebe nicht, weil ja auch Kinder da sind und die le Galls (hier fehlt nur, dass es die Gallier selbst wären) sind Familien­menschen.

Capus bedient eine tiefverwurzelte Urerfahrung, dass man nämlich seine erste Liebe nie vergisst und ihr manchmal ein Leben lang nachtrauert.

Als die Kinder aus dem Haus sind und die Ehefrau verstorben, ist allerdings der Weg frei für dieses Glück, für das es keinen Namen gibt. Léon le Gall, der schon vorher nicht eigentlich unglücklich war, führt nun ein ausgesprochen glückliches Leben.

Und wenn sie nicht gestorben wären, liebten sie sich noch heute.

Christian Rempel im Waltersdorfe
14.6.2014