Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW30/KW31/KW32 „Urlaubszeit – Lesezeit“

Urlaubszeit – Lesezeit

 

Eigentlich glaubte ich mich gut versorgt mit einer Leseempfehlung für den Urlaub. Der Roman Fu.ture sollte von der Art sein, dass er garantiert nicht in der Papiertonne landet. Tatsächlich hat sich da ein Russe eine Zukunftswelt ausgemalt, die beden­kens­wert ist, weil irgendwie die Unsterblichkeit erfunden ward, was zu einer dramatischen Überbevölkerung führte und ganz Europa nur noch aus Wohntürmen bestehen sollte. Die Kehrseite dieser Sache ist auch schnell gefunden, dass nämlich auf jeden Fall weiterer Nachwuchs verhindert werden musste. Wer dennoch welchen in die Welt setzte, erhielt eine Alterungsspritze, die ihn binnen zehn Jahren versterben ließ. Durchgesetzt wird das mit Sonderkommandos und der Held gehört auch einem solchen an. Nebenbei wird dann noch ein bisschen vergewaltigt, was das Maß dann doch voll machte und das Buch in der Tonne verschwinden ließ.

Doch woher so rasch ein neues nehmen? Da unser Tagesablauf an der Ostsee manchmal schon mit dem Sonnenaufgang um viertel sechs begann, wo wir uns bereits in die Fluten stürzten und sich bis zur absoluten Dunkelheit um 22 Uhr hinzog, konnte man ja nicht den ganzen Tag mit Ballspielen, Buddeln und Baden verbringen, manchmal natürlich auch mit ausgiebigen Nickerchen unterbrochen. Der Zeltplatzkonsum hatte aber nicht nur fast alles, was man zum Zelten braucht, sondern auch recht ansprechende Bücher. Da erholte ich mich erst mal vom Morden bei Martin Suter, dessen Buch „Allmen und die Libellen“ fast ohne Morde auskommt und das einen in die Welt der Reichen und Schönen versetzt, auch wenn es von einem Reichen handelt, der es eigentlich gar nicht mehr ist, sondern sein Tafelsilber schon weitgehend verscherbelt hat und sich etwas einfallen lassen muss, wie er einen ansprechenden Lebensstandard sicherstellt. Da kommen dann die Libellen ins Spiel, einzigartige Glaskelche von beträchtlichem Wert.

Als drittes habe ich mir noch Richard Ford „Kanada“ zu Gemüte gezogen, was nicht ganz ohne Anstrengung geschah, weil die banale Welt eines 15 jährigen Amis nur schwer zu ertragen ist. Man versucht hinter das Rätsel zu kommen, wie es ein solch schlichtes und ausuferndes Buch jemals in die Bestsellerlister geschafft haben konnte, und doch muss dem so gewesen sein.

Die Damen verschlangen bändeweise Kai Meyer und das neueste Buch von Kerstin Gier „Silber“ und für die Kinder gab es mehrere Bände von Sternenschweifgeschichten, so dass für alle etwas dabei war.

Die Sonne meinte es auch gut mit uns, es gab nur zwei Gewitter und die praktischer Weise nachts, so dass von den Tagen wenig verloren ging. Der Hauptdarsteller des Urlaubs ist bei aller Literaturliebhaberei natürlich die Ostsee, die uns mit annehmbaren Temperaturen, tollen Wellen und fast keinen Quallen so recht verwöhnt hat.

Dass das nun alles schon wieder hinter uns liegt, merkt man spätestens, wenn man danach zwei Tage braucht, bis alles ungefähr wieder an dem Ort liegt, wo es hingehört bzw. auf den nächsten Urlaub wartet.

Christian Rempel im Waltersdorfe
7.8.2014