Der Gedichtladen

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Kolumne KW 37 & KW 38 2018 „Rikscha ziehen“

Rikscha ziehen 

Je mehr Schüler man unter–richtet, desto ineffektiver wird die Sache. Vielleicht sind mir die Geheimnisse der Pädagogik doch nicht so gegeben, aber es gibt auch ganz einfache Sachen in der Erziehung, die, obwohl völlig falsch, doch immer funktionie–ren, wenn einem nämlich ob der Dummheit der Schüler mal der Kragen platzt. Es ist eben nicht das Allesverständnis und die Besonnenheit, die da zu etwas führt, sondern es sind auch Emotionen gefragt, auch wenn die eben aus heiliger Wut bestehen.

Schon eine Gruppe von dreien kann dazu führen, dass gar nichts mehr geschafft wird. Derjenige, der gerade etwas zu tun hätte, ermüdet schnell und dann liegt die Idee nahe, alles hinzu–schmeißen, wenn die geringste Schwierigkeit auftritt, und der Meinung zu sein, dass jetzt einer von den anderen beiden die Sache fortsetzen könnte. Eine Einigung ist dann meistens nicht zu finden, und so wird die heiße Kartoffel so lange herumgereicht, bis das erlösende Klingelzeichen kommt.

Sachliche Vorhaltungen nützen da wenig. Das kann nur zu Diskussionen führen, wo dann wider den Stachel gelöckt wird und man allen Ernstes erklärt bekommt, dass diese Helden einem ja die Rente verdienen wollen. Ehe man darauf eingehen kann, fallen an einem anderen Tisch gerade die gutsortierten Widerstände allesamt unter den Tisch und ein heilloses Durcheinander ist angerichtet. Das hätte wohl eine saftige Ohrfeige des Meisters verdient und seitens der in Arbeitsteilung begriffenen Schüler kommt der Vorschlag, den Unglückswurm mal eben mit Kabelbindern am Stuhl zu befestigen, aber man denkt noch einmal kurz an die moderne Pädagogik, wo auch die größte Ungeschicklichkeit als verzeihlich einzuordnen ist und man ist noch behilflich, das Malheur zu beheben.

Da kommt er einen aber an, der heilige Zorn und trifft nicht den Widerstandsverschütter, sondern den angehenden Rentenverdiener. „Wenn ihr so weitermacht, werdet ihr fleißige und dicke Chinesen in der Rikscha durch die Gegend ziehen können und vielleicht selbst grad die tägliche Handvoll Reis verdienen. An eine Rentenabgabe wird da nicht zu denken sein und wir Älteren werden wohl für uns selbst sorgen müssen!“

Christian Rempel in Zeuthen, den 23.9.2018