Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW 06 2018 „Hoffen und Bangen“

Hoffen und Bangen 

Heute halten es zwei Menschen, auch wenn sie Mann und Frau sind, selten noch ein ganzes Leben miteinander aus. Man muss sich das schon fest vorgenommen haben oder es muss unausweichlich in der Tradition stehen. Oft geht dann einer seiner Wege und die Liebe ist meistens damit nicht erloschen, sondern nimmt nicht selten die Form von Hass an, der aus meiner Sicht nichts anderes ist, als eine verbogene und auf sich selbst bezogene Liebe.

Nun hörte ich eine Geschichte, wo es ein Paar gab, das scheinbar nicht besser hätte zusammenpassen können, aber auch diese Liebe hatte sich eines Tages erschöpft und sie, wie es heute auch nicht mehr selten der Fall ist, ging ihrer Wege, um aus den verbleibenden Jahren die besten zu machen, die sie je erlebt habe. Er ist etwas älter und das mag auch der Grund gewesen sein, dass ihn dann etwas vor der Zeit der Lebensmut verlassen hatte, genaugenommen hatte er schon in der noch funktionierenden Ehe die Flügel hängen lassen, und konnte er anfangs für beide noch Erlebnisse schaffen, wie sie nicht jedem gegeben sind, so hatte auch das eines Tages ein Ende, die Formation des Paarflugs musste aufgegeben werden und er war ja nun auch allein gelassen.

Ob ihr dann die besten Jahre des Lebens gelungen sind oder noch bevorstehen, kann man noch nicht sagen, denn alles ist ja noch im Gang, und erst mal sieht dieser Gang nicht zum Besten aus.

Wollte man die schöne und kluge Frau voller Energie mit einem Wort charakterisieren, dann trifft nur das Wort göttlich zu, und in der Tat ist sie diesem Höchsten immer nah geblieben, vielleicht näher als allen Irdischen. Natürlich hat sie auch Fehler, zum Beispiel etwas nicht lange auszuhalten und zu modeln, aber dafür gelingt ihr das meiste gleich im ersten Anlauf, so, dass man denken könnte, es hätte das lange Erfahrungsammeln einer Profession hinter sich. Die Kinder sind ihr zugetan, wie kaum einem anderen Menschen und doch muss man nun bangen um sie und hoffen, dass alles gut ausgeht.

Das Hoffen ist so unirdisch wie diese Göttlichkeit, denn es besteht darin, dass die vielen, in deren Nähe sie ist, möglichst nie auf ihre Anwesenheit verzichten müssen und dass das, was sich nun eingestellt hat, nichts anderes als eine Staupe, eine Stauung des Glücks ist, die vorübergehen. Sie ist ein Mensch, der für sich selbst einstehen kann und das auch tut. Alles, was ihr da an Echo zugeflossen ist, ist schnell verhallt, nichts hat sie für sich festzuhalten versucht. Vielleicht das auch eine Schwäche, aber eine sympathische.

Hoffen und Bangen!

Christian Rempel in Zeuthen, den 10.2.2018