Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW 28 2016 „Bestzeit“

Bestzeit

 

Es ist schon das fünfte Mal, dass wir das Babajagahaus aufgebaut haben und so langsam ist auch die normative Nutzungsdauer erreicht. Man hat es auch schwer gegen eine große Hüpfburg, die sich auch auf dem Fest gestern anlässlich des 700jährigen Bestehens von Rotberg befunden hat.

Das war auch das erste Mal, dass das Bauwerk sich nicht im heimischen Waltersdorf befunden hat, sondern einige Kilometer entfernt. Das Festkomitee von Rotberg hatte mich ja vor drei Monaten eingeladen und ich wurde befragt, was denn der Gedichtladen so zu bieten hätte. Es könnte gesungen werden, man könnte ein Theaterstück inszenieren, aber das alles wollten die Rotberger nicht, weil doch den Leuten weniger der Sinn nach gehobener Unterhaltung stehen würde, aber das Babajagahaus, das hätten sie gern einmal da.

Es wurde ein symbolischer Preis für die Leistung vereinbart und es war auch klar, dass ich davon keine Mannschaft würde bezahlen können, die es errichtet und wieder abbaut. Hinzu kamen ja noch die Aufwendungen für den Transport. Das fünfte Mal Auf- und Abbauen, dazu hatte keiner mehr Lust von meinen Bekannten, aber die Rotberger, obwohl sie doch fast alle berufstätig sind, unterstützten mich so, dass das Spielhaus nicht nur fachgerecht verladen und transportiert wurde, sondern auch in Bestzeit aufgebaut, in einer Zeit von nur drei Stunden und vierzig Minuten. Sonst hatten wir immer über vier Stunden gebraucht.

Wir waren dann auch mit meinem Vater, meinem Neffen aus Erfurt und den beiden Großnichten auf dem Fest. Diese zeigten sich weniger beeindruckt von meinem Bauwerk als vielmehr von einem Pony, auf dem man zwei Runden reiten konnte für nur einen Euro. Auch die Puppenspieldarstellung von Julchen Kanikowski hatte es ihnen angetan und es war wirklich erstaunlich, was die Rotberger an diesem schönen Nachmittag alles auf die Beine gestellt haben. Mein Vater meinte sogar, dass heutzutage auf dem Dorf doch viel mehr los sei als in der Stadt.

Nun steht noch der Abbau bevor und man wird sehen, welche Schäden dann wieder zu beheben sind. Eines Tages wird das Babajagahaus nicht mehr abgebaut werden, sondern den Flammen des Vergessens anheim­gestellt werden. Vorerst bin ich jedenfalls nicht nur verkannter Dichter, sondern auch Schausteller, wie ein Freund etwas spöttisch bemerkte. Danke den Rotbergern für das schöne Fest und den Auftrag zu diesem kleinen Beitrag zu ihrem Jubiläum.


Christian Rempel in Zeuthen, den 17.7.2016