Der Gedichtladen

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Kolumne KW35 „Wann bricht das Eis?“

Wann bricht das Eis?

 

Es gibt immer wieder ein bisschen Unmut, dass doch in Waltersdorf nichts passiert, und so sagten wir uns, dass wir doch nach erfolgreicher Absolvierung des Babajagahaus Projektes mal eine zünftige Einweihungsfeier veranstalten könnten.

Abende lang haben wir Girlanden gebastelt, alles Mögliche herangeschafft und Kuchen gebacken und was alles zur Vorbereitung eines solchen Festes gehört. Glücklicherweise hatte auch Frau Köhler, wohl die beste Photographin, die wir kennen, an diesem Termin noch Zeit für uns.


Das Babajagahaus, mit einem roten Bänd­chen umwunden, sollte eigentlich pünktlich um drei eingeweiht werden, d.h. von den Erbauern Eberhard Rauchfuß und mir das Band durchschnitten werden, aber die meisten trudelten erst so nach und nach ein, so dass der festliche Akt erst eine halbe Stunde später vollzogen werden konnte.

Der Bürgermeister wäre auch gern gekom­men, aber am Nachmittag drückten schon wieder die Termine, jedoch Frau Fischer von der Wählerplattform „Alle für Eine (Gemeinde)“, deren Firma ja die Metallteile des Häuschen ausgeführt hatte, konnte dann trotzdem noch ihren Ehrenplatz an der Tafel einnehmen und unterhielt sich wie die anderen sehr gut.

Besonders hat uns der Besuch der noch jungen Waltersdorfer gefreut, die unsere Aktivitäten auch immer im Zusammenhang mit dem Fest der Stille sehen, wofür das Projekt ja auch hauptsächlich gedacht ist. Familie Grajetzki, wohl eher bekannt unter dem Firmennamen Coolsystem, und Familie Munko waren mit ihren Testpiloten gekommen. Meine Tochter Jenny war mit ihrem Lebensgefährten und den beiden Enkeln sogar extra aus Halle gekommen, mein Bruder Jens mit zwei Testpiloten aus Kleinmachnow, meine Schwester aus dem Norden Berlins und meine Schwägerin aus Zeesen. Herr Jadischke, der ja zwei Rattanstangen beigesteuert hatte und im hiesigen Raum verwurzelt ist, hatte sich auch über die Einladung gefreut und kam pünktlich um drei, musste dann aber bald wieder weg, weil in seinem Laden potente Kunden warteten. Mein Vater war wieder einmal der Alterspräsident, lobte die Bratwürste, die ja echte Thüringer waren und war auch sichtlich stolz, dass aus einer Schnapsidee seines Sohnes etwas geworden war, was die Kinder wirklich magnetisch anzog. Während die Alten sich an Kaffee und Kuchen labten, erstiegen die kleinen Testpiloten immer wieder das Häuschen und mein vierjähriger Enkel schaute aus dem Fenster und sagte: „Das hast Du aber toll gemacht, Opa“.

Einweihungsgaben


Aber ganz unmöglich wäre das Fest gewe­sen, wenn meine Frau Andrea es nicht so toll vorbereitet hätte, die Gäste begrüßt, den Kuchen aufgeschnitten, die Kürbissuppe warm gemacht, mit den Kindern gebastelt und, und, und … . So ist aus dem Unmut, dass sie unseren Wäschetrockenplatz den ganzen Sommer nicht benutzen konnte, eine handfeste Unterstützung geworden und auch ein bisschen Stolz, dass wir nicht müde werden, für die Waltersdorfer etwas auf die Beine zu stellen, von denen wir uns noch ein bisschen mehr Zuspruch erwarten würden, denn das große Eis, dass man hier nicht ohne Notwendigkeit den Hof eines anderen aufsucht, ist immer noch nicht ganz gebrochen.

Die Kinder, die sich bei solchen Gelegenhei­ten begegnen, werden es später sicher anders halten, sie sind ja unsere Hoffnung.

So wie mein Einweihungsgedicht endet, war der Tag wirklich und wir bereuen nicht, dass wir eine beträchtliche Summe für die Kinder, unsere Zukunft, investiert haben.

Für alle, die nicht dabei waren, hier noch einmal das Gedicht und später werden auch ein paar Photos kommen, die noch mehr von der Atmosphäre vermitteln.

Baba Jaga Haus Einweihung
Mal schien das Ziel uns allzu weit
Mal war’s zu schmal und mal zu breit
Mal passten manche Schrauben nich’
Mal ließ das Werkzeug uns im Stich
Das alles haben wir gemeistert
Man hofft nun ist die Welt begeistert
Ihr Kinder habt nun was zu spielen
Was wohl das Wichtigste an Zielen
Die man sich eben stecken kann
Da fängt man gern mal so was an
Das Häuschen steht auf einem Bein
Es kann sich drehen, oh wie fein
Wird Baba Jaga wohl zu Hause sein?
Am besten, ihr schaut selber rein
Doch halt, wir wollen erst erzählen
Dass Hexen nicht nur böse sind
Und Baba Jaga darf nicht fehlen
Wär‘ langweilig, weiß jedes Kind
Hier lebten noch vor langen Zeiten
Die Slawen weit von Osten her
Besiedelten hier unsre Weiten
Ihr Leben war noch ziemlich schwer
Da halfen Ihnen Zaubersprüche
Der Baba Jaga, die hier wohnt
Und aus dem Schornstein Wohlgerüche
So ward die Arbeit dann belohnt
Wir wollen in ihr Häuschen rein
Und uns nicht drängeln, uns nicht schlagen
Es soll ein schönes Fest uns sein
Ein schöner von den schönsten Tagen

C.R. zum 14.9.2013

Als ich dieses Gedicht in unserem Lese­- und Schreibezirkel vorstellte, wurde moniert, dass die Kinder sicher mit den Slawen nichts anzufangen wüssten, aber manch einer wird doch noch ab und an die Chronik von Herrn Sychold zur Hand nehmen und seinen Kindern vielleicht erklären, was es damit auf sich hat.

Liebe Waltersdorfer, jetzt geht es wieder in Vorbereitung des Festes der Stille und vorher werden wir uns sicher noch einmal zum Herbstfeuer sehen. Fassen Sie sich ruhig ein Herz, denn auch wenn wir jetzt vielleicht nicht mehr ganz so reich sind und eine eigene Gemeinde, können wir immer noch einiges auf die Beine stellen, also es nur frisch angegangen, es geht uns alle an.

C.R. im Waltersdorfe 15.9.2013