Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW38

eine Gastkolumne

 

An die Berliner von Kö zu Ku-

Kö? Klar, kennste! – auch als Berliner – oder?: Kö = Königsallee, Prachtstraße in Düsseldorf mit Schickimicki -touch. Aber diese Straße hieß nicht immer so, und wie kam es zu einer Namensänderung? Das weiß man in Berlin sicher nicht. In Düsseldorf ist die sozusagen fäkalische Geschichte ziemlich bekannt. In ihr kommen Pferdeäpfel vor und anschließend Arschkriecherei.
In Berlin kennt man den Ku’damm und seine Namensgeschichte, wenn man sie denn kennt. Ich, der ich aus Düsseldorf bin, musste bei Wikipedia nachschauen: Der Kurfürstendamm hieß ursprünglich Dammweg und wurde dann nach dem Kurfürsten Joachim II . Hector (1505 – 71) benannt. Irgendwann wurde auch die Kurzform Ku’damm gebräuchlich. Angesichts der Fähigkeit der Berliner, für öffentlich Einrichtungen und Gebäude witzige und respektlose Namen zu erfinden, kann man mir nicht erzählen, dass bei Ku’ nicht auch die Assoziation zum gleichklingenden Rindvieh eine Rolle spielte.
Der Ku’damm hat mit Berlin zu tun, mit den Hohenzollern und mit Preußen, nichts aber mit Düsseldorf. Auf die Idee käme man gar nicht. Umgekehrt jedoch hat die Kö nicht nur mit Düsseldorf, sondern auch mit Berlin zu tun, mit den Hohenzollern und Preußen. Auf die Idee käme man ebenso wenig. Aber es stimmt, und kam es, wie folgt:
Am 14. August 1848 fuhr der preußische König Friedrich Wilhelm IV auf Besichtigungstour in einer offenen Kutsche die Kastanienallee in Düsseldorf hinunter. Die Stadt gehörte, wie das Rheinland seit 1815 zu Preußen, war aber – zumal im Revolutionsjahr 1848 – aufmüpfig. So wurde der König zwar bejubelt, aber auch von einigen besonders Aufmüpfigen mit Pfiffen empfangen und – welch ein Skandal – mit Pferdeäpfeln beworfen.
Seitdem hatte Düsseldorf bei den Preußen sozusagen verschissen. 1850 fuhr deshalb, mit einiger Verspätung und auf Versöhnung bedacht, eine Düsseldorfer Delegation nach Berlin und bot dem Herrscher an, die Kastanienallee in Königsallee umzubenennen. Dieses Angebot schlug Friedrich Wilhelm, der zwei Jahre zuvor sogar die ihm angetragene Kaiserwürde abgelehnt hatte, nicht aus.
Bei aller erfolgreichen Liebedien- und Arschkriecherei der Düsseldorfer muss man aber sagen, dass die lässige Abkürzung Kö für König nicht gerade von großem Respekt zeugt, wie es ja auch die Abkürzung Ku gegenüber dem Kurfürsten Joachim nicht tut. Berliner sollten nicht glauben, sie hätten ein Monopol auf respektlose Namensgebungen.
Analog zu einer Assoziation Pferdeäpfel zu Königsallee könnte man jetzt – zugegeben etwas kühn – eine solche von Ku zum o. a. gleichlautenden Rindvieh, zur Kuh also und weiter zum Fladen konstruieren. Das aber würde schon an der Tatsache scheitern, dass man Kuhfladen nicht werfen kann. Außerdem ist dieser Joachim II schon lange tot, eine ehrenvolle Benennung ist bereits erfolgt. Und ihm ist sowieso alles scheißegal.

In diesem Sinne mit freundlichen Grüßen von Otto Vowinckel