Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW29 / KW30

Was ist Manie?

 

Gedanken einer Betroffenen zum Roman „Klarheit und Wahn“

Dieses Buch ist die Sprache eines Gehirns, das sich mit seinen „Windungen“ manchmal auf katastrophalen Abwegen befindet. Es erlaubt demjenigen, dem es gehört, zeitwei­se nicht, rational und bewusst zu denken.

In dem Buch spiegelt sich die Apokalypse eines Menschen und seiner Seele wider. Es ist der reale Ausdruck eines Wahns, der sich in Zyklen zeigt und mit Hilfe von Medikation, wenn sie rechtzeitig erfolgt, eindämmen lässt. Der Zustand ist geprägt von Ignoranz, überstei­ger­tem Selbstbewusstsein und Gel­tungs­sucht. Er geht meist auch einher mit ei­ner gesteigerten Kauflust, die den Betroffe­nen und die involvierte Familie in den Ruin treiben kann. Später muss bei jedem davon Betroffe­nen die Erkenntnis erfolgen, mit aller Kraft sich selbst davon zu befreien. Oft ge­lingt das nicht, denn es ist furchtbar anstren­gend.

Lieber Leser, ich möchte Ihnen an einer klei­nen Geschichte zu erklären versuchen, wie Sie sich den „Wahn“ vorstellen müssen. Bitte bringen Sie Geduld und sehr viel Fantasie mit.

Stellen Sie sich einen Luftballon vor, verpackt mit 49 anderen in einer Tüte. Die Tüte ist gekauft worden und dieser Ballon wird als erster von einem niedlichen, blondgelockten Mädchen, welches seinen Vater bittet ihn aufzupusten, aus der Tüte befreit. Das Mäd­chen hat ihn ausgewählt, weil er rot ist, denn rot ist ihre Lieblingsfarbe. Der Vater erfüllt den Wunsch der Tochter und bläst den Bal­lon zu voller Größe auf. Für die Kleine ist es unbegreiflich, was aus dem kleinen roten Stück Gummi geworden ist. An den Luftbal­lon kommt ein Band, so dass das Mädchen damit im Garten herumtollen kann. Sie schwingt das Band so ungestüm, dass es ihr aus der Hand gleitet. Entsetzt und traurig schaut sie gen Himmel, wohin ihr „Spielge­fähr­te“ davonschwebt.

Der Ballon jedoch ist überglücklich und seine Seele – so er denn eine hat – jubiliert.

Nehmen wir das in diesem Fall einmal an und setzen es in Assoziation zu der Seele des Au­tors während seiner Wanderschaft und den daraus entstehenden Folgen.

Also, der Ballon fliegt in die Höhe und ent­deckt die Schönheiten der unter ihm liegen­den Weiten. Er erfreut sich an herrlich grü­nen Wäldern und sich dahinschlängeln­den tiefblauen Flüssen. Er ergötzt sich an blu­mengeschmückten Tälern und sanft dahin­gestreckten Hügeln. Der Wind treibt ihn immer weiter, so dass er sich bald auch an mit Schnee bedeckten hohen Bergen erfreu­en kann. Bisweilen begegnet ihm auch ein Vogel, der aus dem Süden zurückkehrt, wo er vor der kalten Jahreszeit Schutz suchte. Die Vögel gleichen sich der Geschwindigkeit an und erzählen unserem Ballon so manche Anekdote, die sie auf dem Fug erlebt haben. Dieses alles geht noch eine geraume Zeit weiter und der Ballon empfindet Glücksge­füh­le immensen Ausmaßes, bis alles ein jähes Ende findet.

Er zerplatzt und fällt ganz, ganz langsam nach unten. Heftig schlägt er auf und ist sich nicht mehr so sicher, ob seine ach so schöne „Freiheit“ für ihn wirklich so schön war, wie er sie in den Sphären erlebt hat.

Vielleicht können Sie, liebe Leser, nun ein klein wenig nachvollziehen, was der Autor mit seinen Zeilen auszudrücken versucht. Er hat alles genauso real empfunden und erlebt, wie er es beschrieben hat. Das nachzuvollzie­hen ist für einen Menschen, der noch nie ein „Luftballon“ war, sehr schwierig. Aber den­ken Sie daran: es gibt zwischen Himmel und Erde Dinge, die manchmal einfach nicht zu begreifen sind.

Zum Abschluss ein paar Zeilen von Stendhal zum Thema Liebe, weil dieses Buch voller Liebe steckt:

Die Kunst der Liebe

Die ganze Kunst der Liebe beruht, wie mir scheint, darauf, dass man ausspricht, was der Zauber des Augenblicks erfordert, in anderen Worten: dass man seinem Herzen folgt.

Rositha Pötzscheck, in Teupitz 7.7.2012