Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW39

Über das Schreiben

 

„Ich will Dir eine Veröffentlichung aus Dres­den zeigen, an der mein Studien­freund mit­gewirkt hat. Sie heißt: „Die großen The­men unserer Zeit – Autoren im Dialog 2011“ (Frie­ling Verlag). Einige Themen:  „Nachtgedan­ken“, „Fortschritt im engeren und weiteren Sinne“, „Im Netz gefangen“, „Beobach­tun­gen beim Wochenkauf“, „Pegasus“  (Interes­siert Dich vielleicht?), „der Flaschengeist von Tschernobyl“, „Ottomanische Reitergeschich­ten“, „Ein Menschenrecht mehr“, „herbst – gedicht“,  „Der Mensch – ein unzulänglich sozialisiertes Tier?“, „3 Schaufeln Erde oder in die himmlische Symmetrie“, „Amokläufe und die Folgen“, „Revolution“, „Werden wir eine Zukunft haben?“   „Deutsche Gedenkkul­tur“….  Auf S. 150 schreibt mein Studien­freund: „ich war in der DDR ebenfalls Nomenklaturkader und weiß, wie schwer es ist, in Zeiten einer politischen Wende damit umzugehen“.“
So plätschert es manchmal ins email-Fach, aber bei den meisten ist Schweigen ange­sagt. Es gibt offenbar sehr wenige Men­schen, die sich gern schriftlich ausdrücken. Selbst die professionellen Schreiber halten es meistens für überflüssig mit einem einzigen in Kommunikation zu treten. Wenn es da noch ein Verdienst wäre, andere zum Schweigen zu bringen, dann könnten wir uns hier im Gedichtladen diese Feder unbedingt an den Hut heften. Man kann ja nicht immer nur Löbliches äußern.
„Ich denke immer noch, dass Du nur ein geeignetes Medium brauchst, um mehr zu veröffentlichen. Deine Rezensionen gefallen mir immer wieder und Du bist da – so glaube ich – Spezialist. Nur bräuchtest Du eine größere Öffentlichkeit.“
Da setzt man sich also hin und schreibt mal an www.buchwurm.de und wird dort wirk­lich willkommen geheißen. Das ist ja auch eine Arbeit für Nasse, aber das gleiche Anerbieten bei einer bekannten Tageszei­tung, unentgeltlich mitzuarbeiten, wird aus datenschutzrechtlichen Gründen und eigent­lich überhaupt abgelehnt. Man will sich nicht in die Fleischtöpfe hineinschauen lassen.
Zeitungen sind eben Zeitungen, das war wohl schon immer so, wenn man nicht das Geld hat, eine selbst herauszugeben wie Kleist oder Kirkegaard.
Einen rein privat Säumigen kann man viel­leicht mit folgendem Gedicht gewinnen:

 

Gewähre mir, oh Göttlicher, einen
Blick in Dein Befinden
mein Herz muss scheinen Dir voll Sünden
dass Du es grausam schneidest
am Abzappeln Dich weidest
mit dem Skalpell des Schweigens
als Mitglied eines Reigens
der diese Lust ersonnen
noch immer hat gewonnen
Und doch: mein Herz ist voller Süße
dem Grausamen noch sendet`s Grüße
und einst ward mir ein Kamerad
der`s nicht mehr sein will, oh wie fad
dann koch Dich sauer
im Kopfe wuchs Dir eine Mauer
die Brödelei hübsch eingefriedet
wie`s draußen brodelt auch und siedet
wie selbst zum Reime dränge ich, der Freche
Bist Du ja wohl von anderm Bleche
ein Riss ist drin und tönt nicht mehr
das recherchiert ich – bitte sehr

 

Die Antwort ließ nun nur ganze zweieinhalb Tage auf sich warten und lautete so:

 

Wir sehen uns, im Oktober
da sprechen wir uns, ohne Zinnober.

 

Dieses Treffen, auf das dort Bezug genom­men wird, ist so schlappe vier Wochen hin. So lange möchte der Adressat verschont sein von gereimten oder ungereimten Mittei­lun­gen.
Man fragt sich, was macht man falsch, was andere richtig machen?
Im Waltersdorfe 17.9.2011