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Kolumne KW38 „Vergnügungen“

Vergnügungen

 

Da wir uns also jetzt verstärkt um Spielgeräte bekümmern, ist es ja auch wichtig, mal zu sehen, was es alles auf diesem Gebiet schon gibt. So nutzten wir einen Trip, der uns in den Norden Berlins führte, um uns mal den Familiengarten in Eberswalde anzusehen. Dieser ist ja 2002 anlässlich einer Landesgartenschau aus einem stillgelegten Walzwerk entstanden, am Ufer der Finow gelegen, kann man dort eine unterirdische Bootstour absolvieren. Wenn man sich nicht der Wehmut anheim gibt, dass die bekannte Deindustrialisierung diesen Park erst ermöglichte, kann man sich gleich am Eingang über die niedrigen Eintrittspreise freuen. Für drei Euro kommt man als Erwachsener schon hinein.

Dann bekommt man es mit Superlativen zu tun. Gleich am Eingang hat man den größten Flipper der Welt, was im Grunde so eine Art Murmelbahn für wassergefüllte Kugeln ist. Wenn man das nicht spielt, hat man immerhin das Vergnügen, mäanderförmige Betonquader herunterzubalancieren. Das absolviert, begrüßen einen tragende Apfelbäume, von denen man kosten kann und fällt auch gleich über die größte Taschenuhr der Welt, die im Grunde eine Eisenbahnanlage ist, aber eben nicht funktioniert. Eberswalde als ehemalige Industriestadt hatte ja auch mit Eisenbahnen zu tun, aber dieses Kunstwerk stammt von einem angermünder Erfinder, der vielleicht in die Jahre gekommen ist.

Die originellen Holzbauten, die einen guten Teil der Attraktionen ausmachen, tragen die Handschrift von Jürgen Bergmann aus Einsiedel, den ich am Telefon für einen jungen Mann gehalten hatte, der aber wie seine Bauten dort schon etwas in die Jahre gekommen ist. Man könnte ihn als den Hundertwasser des Holzes bezeichnen, und dass seine Firma jetzt in die Insolvenz gehen musste, ist wohl eher ein Versehen. Der 55 Jährige will die Karre auf jeden Fall wieder aus dem Dreck ziehen.

Auch wenn man nach Storkow in das Irrlandia kommt, das weniger volkstümliche Eintrittspreise hat, aber man mit 6 Euro immer noch auf dem Teppich bleibt und das sehr gepflegt ist, kann man den Werken Bergmanns begegnen, der nicht selten hoch hinaus will mit seinen Bauten und wohl überhaupt. Seine Riesenrutsche dort hat auch interssante Formen und seine Markenzeichen, die da sind: Bewegte Konturen, die Verwendung von flexiblen, bedruckten Gummiplatten und Gebilde aus Edelstahldrahtgittern, die oft konvexe Formen markieren und manchmal zu geschwungenen Durchstiegen in windigen Höhen gestaltet sind. Nun hat er dem Vernehmen nach das Personal erst einmal auf die Hälfte reduziert und ist der Papierform nach erst einmal ein armer Mann.

Das Babajagahaus Sujet ist ihm auch nicht unbekannt und man kann ein solches im Wäldchen des Eberswalder Walzwerkes finden. Es ist aber nicht beweglich, wie ich es gebaut habe, sondern steht auf zwei Stämmen, von denen man hoffen kann, dass sie nie durchfaulen.

Unser Häuschen, das eher für Spielplätze und Kitas geeignet ist, wird man vielleicht eines Tages in einem Katalog finden. Davon hält Bergmann nun allerdings gar nichts. Sicher spielen wir in ganz unterschiedlichen Ligen, aber was den Einfallsreichtum anbelangt, kann man sich von ihm schon eine Scheibe abschneiden. Das ist schon echte Kunst in Holz. Da wünschen wir ihm natürlich alles Gute von hier an der Dame hin zur Neiße.

C.R. im Waltersdorfe 4.10.2013