Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW33 „Vom Schweigen“

Vom Schweigen

 

Haben Sie schon einmal dutzende Bewerbungen geschrieben und nicht viel mehr als die eine oder andere automatische Antwort erhalten, im Sinne von „Vielen lieben Dank, nun prüfen wir und werden uns gegebenenfalls melden“? Sind die Automaten ganz geistreich, begnügen sie sich nicht mit der Floskel der freundlichen Grüße, sondern haben „gute“ und „beste“ Grüße auf Lager.


Haben Sie schon einmal an einem Wettbewerb teilgenommen, bei dem es vielleicht um hundert oder tausend Euro geht, jedenfalls nicht mal ein durchschnittliches Monatsgehalt und die Veranstalter hatten nicht einmal diese automatischen Antworten geschaltet, sondern quittieren Ihre Einsendung mit der verbreiteten Münze des Schweigens?

Was kann das Schweigen alles heißen. Ich habe zu viel zu tun, um die besagten Euros oder die Stelle bewerben sich Heerscharen, was nicht vorherzusehen war und nun habe ich den Salat. Dass das Schweigen auch heißen kann, ich weiß partout keine Antwort, bin in Erklärungsnot und kann beim besten Willen nichts zu Papier bringen, auch wenn ich gerade dazu aufrief, dass sich andere abmühen und meine Ausschreibung nicht flächendeckend eben auch nur mit Schweigen bedenken, ist auch eine Interpretation.

Ich zähle zu denjenigen, die den Fluch des Schweigens auf sich ziehen, nicht zuletzt ja auch mit diesem Blog. An manchen Beispielen habe ich auf Nachfragen verfolgen können, dass ich den einen oder anderen in Erklärungsnot versetzt habe und er meint, dass er einfach ein bisschen Zeit braucht, um die Antwort zu finden. Das kann Tage, Wochen und Monate dauern und indem die Sache dann so aus dem Zeitruder läuft, ist es dann schon fast kein Unterschied mehr, wenn man es bei dem Schweigen belässt.

Vielleicht ist es auch nicht legitim, jemanden zum Antworten bringen zu wollen, der von sich meint, dass er eigentlich nicht schweigt, sondern denkt.

Wenn es um die Antworten schon so schlecht bestellt ist, wie muss es da erst um die Taten stehen? Auch die Tatenlosigkeit lässt sich für sich genommen auch gut in Nachdenken umdeuten. Und wenn einer schon vor der ausbleibenden Tat ein Gespräch ausbleiben lässt, dann meint er sich zu schützen vor der Diskussion, die ja legitim fast jeder Tat vorausgehen kann.

Wenn man mit Geld oder einem in Aussicht gestellten Job an die Öffentlichkeit tritt und die damit heraufbeschworene Situation dann wirklich eintritt, sollte man da nicht die Kultur besitzen, sich in jedem Fall zu einer Antwort zu bequemen? Hier auf dem Blog ist dieses kulturelle Niveau erreicht, bei anderen eben nicht. Es gibt keinen Knigge mehr, an dem man sich da orientieren könnte, eine Kultur scheint da verschüttet.

Christian Rempel im Waltersdorfe, den 16.8.2015