Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW 03 2018 „Tag der offenen Tür“

Tag der offenen Tür 

Seit neun Uhr bereiten wir die Show vor, die dann gegen zehn über die Bühne geht. Unsere Bühne ist das Schülerforschungs­zentrum (SFZ) das beim Tag der offenen Tür der Paula etwas versteckt liegt, wir uns aber dennoch nicht über Zustrom beklagen können, der noch zunimmt, als wir einen Aufsteller mit Pfeil postieren.

Wir haben so ca. 6 Experimente vorbereitet, davon haben 4 mit den Arduinos, den phantas­tischen Mikrocontrollern, zu tun. Eins ist zum Mitmachen geeignet und erlaubt die Zuckerbestim­mung in Getränken aller Art, ganz ohne Digitalisierung. Man sieht einfach durch so ein Wunderrohr, das sich Refrakto­meter nennt und kann den Messwert sofort ablesen. Das ist auch für uns eine Erholung, wo wir uns doch ansonsten mit nichterkannten USB- und Blue­tooth Geräten herumzu­schlagen haben.

Die Mütter und Väter sind meistens mehr angetan als die Filiusse, die die Sachen eher skeptisch beäugen, wenn sie nicht in erfrischenden Gruppen sich auf die Exponate stürzen, die diesem Ansturm dann nur widerwillig nachgeben, denn bis auf das Refraktometer funktio­nieren sie ja nicht immer.

Sind das nun die Helikoptereltern als ein Teil des Schulproblems, die eigentlich für ihre Kinder entscheiden, was gut für sie sein sollte? Der gesunde Egoismus, gerade für sein eigenes Kind den besten Bildungsweg zum Abitur zu ebnen, ist nicht zu schelten, denn wer sollte es besser wissen. Nichts ist dazu angetan, diese in Zweifel zu ziehende Orientierung in Frage zu stellen. Die Schulen wollen möglichst viele Schüler, die Unis möglichst viele Studen­ten, alles zielt auf Wachstum und maximale Reputation. Das zu hinterfragen, ist nirgends ange­kom­men, nur in den hintersten Winkeln der Dichterherzen, die hinter die grandiose Show sehen, wo das Bild vermittelt wird, als sei Schule ein einziges spaßma­chendes Abenteuer, bei dem dann automatisch die höchsten Ehren winken.

Die Schüler haben sich dann aber durch ein Pensum von täglich acht oder neun Schulstunden zu quälen und fallen, danach im SFZ angekommen, fast von den Stühlen oder befriedigen ihr Defizit an Blödsinn.

Kein Lehrer ist da dabei und an aktiven Schülern können wir gerade mal vier aufbieten. Ein utopisches Unterfangen, und was gibt man schon noch auf das Wort Utopie.

Christian Rempel in Zeuthen, den 21.1.2018